The Dø - 31.10.2014 - Heimathafen Neukölln

The Dø

The Dø

Support: Amatorski

 

Kraftvoll, intensiv, stimmig. „Shake, Shook, Shaken“ ist die Expedition der besonderen Art von The Dø. Olivia Merilahti und Dan Levy haben schon immer das Risiko gesucht, statt Bequemlichkeit und Kompromisse. Mit ihrem dritten Album vollzieht das franco-finnische Duo einen radikalen Wandel – eine futuristische Kehrtwende, getragen von einem synkopierten Electro-Beat.

 

Nach dem herrlichen Zufall „A Mouthful“ (2008) und dem organischen Experiment „Both Ways Open Jaws“ (2011), reagiert „Shake, Shook, Shaken“ mit neuen Erfordernissen, die in der Ansicht der Betroffenen zum „Dogma“ erhoben wurden: Dan und Olivia haben sich absichtlich gegen akustische Instrumente ausgesprochen, um den Fokus auf synthetische Dancesounds und Percussion legen zu können: „Als wir mit der Arbeit an diesen Songs begannen, gingen wir nur mit Laptop und Keyboard zu Werke. Dieser Aufbau wurde schnell zu einer Obsession; diese Form von Minimalismus, bei dem der Verzicht auf 'reale' Instrumente uns zu dem Punkt eines neuen Arbeitsethos führten: auf Gitarren, die zuvor fast schon übermäßig eingesetzt wurden, wurde absichtlich verzichtet. Mit „Shake, Shook, Shaken“ lag unser Ziel darin, uns wieder die Sounds anzueignen, die wir davor unterschätzt haben, wobei wir uns zugleich mehr auf eine Pop-Ästhetik geeinigt haben.“

 

Von ihrem Studio aus, einem idyllischen Wasserturm aus dem 18. Jahrhundert, betrieben sie ihre Nachforschungen. Zwischen Selbstbeschränkung und Reinheit liegt Transzendenz. Dazu Dan: „Wir haben alle Register gezogen. Wurde etwas mal zu verschnörkelt, haben wir Kleinholz daraus gemacht. Wir wollten ein monumentales Album schaffen, mit Elementen von Heldentum, Comedy und Manga. Ein Album mit Superhelden. Es ging nicht darum, grüblerisch oder naturalistisch zu klingen. In diesen Bereichen haben mich synthetische Klänge nie so sehr angesprochen.“

 

Olivia kommt auch auf ihre Wurzeln zu sprechen, wenn es um eine weitere Erklärung für die Grundlagen hinter „Shake, Shook, Shaken“ geht: „In Finnland gibt es Sisu, eine Mischung aus Biss und Courage, die Finnen in die Wiege gelegt wird. Was auch geschieht, wir lassen nicht locker, wir machen unerschütterlich weiter, wir ertrinken nie im Selbstmitleid. Das hat uns bei der Arbeit an dem Album begleitet. Wir wollten eine schillernde Platte aufnehmen, um so viele Menschen wie möglich zu erreichen, ohne dass sie zu rund wird .“ „Es ist mir egal, wo ich lande, solange ich mich gut aufgehoben fühle,“ singt sie im zweiten Lied auf dem Album. „Meine Texte sind mehr oder weniger surreale Gedichte, es stört mich aber nicht, manchmal bodenständig zu sein, wie in dem Lied, Trustful Hands. Ich rede oft davon, sich selbst im Chaos zu erkennen, was auch ein Trost sein kann, und zu wissen, wie man damit umgeht.“

 

„Shake, Shook, Shaken“ hat eine Menge einheitsstiftender Hymnen, angefangen beim Auftakt „Keep Your Lips Sealed“ und dem feierlichen „A Mess Like This,“ bis hin zu dem lebhaften „Despair, Hangover & Ecstasy“ und dem passenden Titel namens „Miracles (Back in Time)“ – den das Duo als eine „tragende Säule“ der 12 Lieder sieht („beim Zuhören wussten wir, dass wir endlich den richtigen Weg einschlagen“). Die Musik von The Dø lenkt seine Zuhörer durch Militärrhythmen („Going Through Walls“), urtümliche  Atmos und kosmische Weiten, wobei Olivias Stimme eine neue Dimension erreicht. Ihre Erklärung dazu ist sehr einfach: „So wie wir kurze Fragmente ohne großes Geplänkel erschaffen wollten, wollte ich große stimmliche Turnübungen vermeiden. Die Message soll einen von Anfang bis Ende klar sein.“ Mit seiner opulenten, emotionalen Wucht, all den Wendungen und klanglichen Einfällen muss sich „Shake, Shook, Shaken“ nicht vor den früheren Werken des Duos verstecken. „Wir wollten unsere Sache gut machen, allerdings über Innovationen bei der Instrumentation,“ wie Dan weiß. „In der Entwicklungsphase dieser Platte hörten wir immer wieder viel Hip-Hop, Clubmusik und aggressiven Techno – das sind derzeit die innovativsten Sounds. Es ist ein stetiger, schneller Wechsel, was einen sehr fordert. Mich fasziniert die völlige Freiheit einer Band wie Die Antwoord und auch wie Beyoncé und Kanyé West die Popmusik von den höchsten Gipfeln des Mainstreams aus revolutionieren.“

 

Getreu ihres Rufs sind Olivia und Dan bei der Umsetzung der Platte erneut fast autark vorgegangen; zusätzliche Unterstützung lieferte nur noch Tonmeister Fab Dupont. „Er hat in unseren üppigen, dichten Kompositionen Räume eingefügt und sein Mix lieferte die Klarheit, auf die wir es abgesehen hatten. Das war die einzige Hilfe von außerhalb, die wir zuließen, dafür jedoch eine wesentliche.“

 

Olivia und Dan schaffen es, sowohl intellektuelle als auch intuitive Musik zu machen, und schlagen dabei Brücken zwischen Gegenwart und Zukunft. Mit seinem vielseitigen Ansatz und einer generellen Kompromisslosigkeit zeugt „Shake, Shook, Shaken“ von einer Experimentierfreude, die sich auf unerforschtes Terrain begibt.